17. Dezember
Aus dem Antiquariat der Edition-115
Ronit Matalon
Was die Bilder nicht erzählen
Gegen Ende dieses bewegenden, überraschenden und intelligenten Buchs, erinnert sich Esther an Susa. Susa ist Journalistin bei der Washington Post, sie kann und will keine festen Bindungen eingehen, dafür hat sie nikotingelbe Finger. Diese Susa will jetzt ein Buch über ihre Familie schreiben, wo sie herkommt, ihre Wurzeln, wie sie sagt, denn, so sei ihr bewußt geworden, da stecke dramatisches Potential drin: die Farbigkeit der Charaktere, die Zerstreuung der Familie in die ganze Welt. Susa fragt deshalb ihre Tante Ines, die Mutter von Esther, in Tel Aviv über die Familie aus. Aber sie stellt sich so dumm an, sie hat so wenig Sinn für die gewundenen Wege der Erinnerung, daß sie von Ines nur karge Antworten bekommt, über denen sie verzweifelt. Das Buch über die Familie wird, verstehen wir, nie geschrieben werden, wenigstens nicht von Susa. Dafür wird sie ein Buch über Mengele schreiben, den von Auschwitz, sagt sie. Sie ist vollkommen begeistert davon, daß Mengeles Frau Proust liebt, wie sie selbst.
Peter Michalzik | 26.05.1998
Preis im Antiquariat der Edition-115 € 29,00
ISBN 9783498043865
Rowohlt
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